„The 1st Okinawa Karate International Tournament“

05.08.2018 – im Budôkan („Halle der Kampfkünste“) der Präfektur Okinawa in Naha läuft das Finale in der Kategorie „Adult I – Sai Kata“ (Sai = Metalldreizack). Da ich meinen eigenen Wettkampf mit Bô (Langstock) schon beendet hatte, agierte ich als Betreuer für meine Schüler. Hagen Walter aus Jena steht gerade im Finale gegen einen Wettkämpfer aus Okinawa. Die große Wettkampfhalle, in der an den Vortagen noch gleichzeitig auf 8 Wettkampfflächen Vergleiche stattfanden, war erfüllt von erwartungsvoller Stille. Mit einer 4:3 Entscheidung der Kampfrichter kam schließlich die Erlösung und Hagen konnte den Weltmeistertitel erringen und damit seinen Titel von 2015 erfolgreich verteidigen. Somit sind 4 meiner 7 gestarteten Schüler unter den ersten 5 Weltbesten ihrer jeweiligen Kategorie: 1x 1. Platz (Hagen Walter), 1x 4. Platz (Michaela Frost) und 2x 5. Plätze (Sebastian Edelmann, Martin Mähler). Und das direkt im Mutterland des Karate und Kobudô (Karate mit Waffen).

Das Turnier mit 1.200 Startern aus über 50 Nationen war wieder perfekt ausgerichtet. Es ist inzwischen meine vierte Weltmeisterschaft auf Okinawa und ich bin immer wieder beeindruckt von der umfangreichen Organisation. Der Einmarsch der Athleten erzeugte Gänsehautgefühle und die unzähligen freundschaftlichen Begegnungen mit Kampfkunstbegeisterten aus aller Welt waren Internationalismus pur.

Dieses Jahr war das Turnier auf sieben Tage festgelegt, vom 1.-7. August 2018. Der Start war nur möglich, wenn man eine Okinawa-Stilrichtung praktiziert und ein Okinawa-Meister das autorisiert. Als Teilnehmer musste man sich auf eine Kategorie festlegen: Okinawa-Karate, Kobudô Bô oder Kobudô Sai. Gestartet wurde in vier Altersklassen: Junioren, Adult 1 (18-39), Adult II (40-59) und Senioren (60+), jeweils weiblich oder männlich. Die Wettkämpfe fanden diesmal parallel in zwei Örtlichkeiten statt, dem Budôkan der Präfektur Okinawa und dem Karate-Kaikan.

Wir waren bereits am 28. Juli auf Okinawa angekommen und konnten so am Sonntag, Montag und Dienstag vor dem Turnier noch mehrere Stunden täglich intensiv unter Anleitung unseres Meisters Tamayose Hidemi trainieren und uns akklimatisieren. Tamayose Hidemi ist 10. DAN, Hanshi, Präsident des „Ryûkyû Kobudô Tesshinkan Kyô Kai“ und Vizepräsident des „Okinawa Ken Kobudô Renmei“, des Fachverbandes für Kobudô der Präfektur Okinawa.

Die letzten zwei Tage des Turniers waren Seminaren vorbehalten. Am Montag und Dienstag (6.-7. August) hatte man die Möglichkeit, an jeweils zweistündigen Trainingseinheiten bei verschiedenen Okinawa-Meistern mit dem 9. oder 10. Dan teilzunehmen. Insgesamt 2.300 Kampfkünstler aus aller Welt machten davon Gebrauch. Wir nutzten diese exklusive Möglichkeit und belegten Seminare bei Meistern des Shôrin-Ryû Karate, des Naha-Te Karate und des Ryûkyû Kobudô, um unseren Horizont zu erweitern.

Immer wieder berührt bin ich von dem großen Respekt, den die okinawanischen Meister und die Gesellschaft uns Ausländern entgegenbringen. Die Toleranz, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und ehrliche Herzlichkeit im Umgang miteinander sind tief beeindruckend und ich wünsche mir dies eigentlich auch für den Rest der Menschheit.

Doch das Tournament war nur ein Punkt auf unserer To-do-Liste. Außerdem standen noch Graduierungsprüfungen an. Erfolgreich bestanden ihre Prüfungen im Ryûkyû Shôrin-Ryû Karate-Dô Tesshinkan zum 4. DAN Hagen Walter (Jena) und zum 2. DAN Martin Mähler (Ennepetal).

Auch Frank Pelny (Nordhausen) durfte sich einer Prüfung unterziehen, nach deren erfolgreicher Absolvierung Tamayose Hidemi ihn mit dem Titel „Shihan“ auszeichnete. Shihan bedeutet „Lehrer der Lehrer“ und ist eine besonders hohe Ehrung, noch dazu für einen Nichtjapaner. Tamayose Kaichô würdigte damit das Engagement von Frank Pelny zur Bewahrung und Verbreitung des Ryûkyû Kobudô auf der Welt und seine Buchveröffentlichungen zu diesem Thema. Im Tesshinkan-Verband ist Frank Pelny überhaupt erst der Zweite, dem dieser Ehrentitel verliehen wurde. Außerdem berief Tamayose Kaichô Frank Pelny zum Shibu-Chô für Europa. „Shibu“ sind Zweigstellen und Shibu-Chô ist sozusagen der Regionalleiter.

Schließlich kam auch das Sightseeing nicht zu kurz. Trotz des engen Terminplanes konnten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Okinawas besichtigt werden: das königliche Schloss Shuri-Jo, das königliche Mausoleum Tama-Udun, die Steinstraße Kinjo-Cho, die Reste des Sogen-Ji Tempels, der chinesischen Garten Fukushu-En, der Sommerpalast Shikina-En, das Meeresaquarium Churaumi und einiges mehr. Natürlich durfte der obligatorische Einkauf beim Kampfsportausstatter Shureido genauso wenig fehlen wie ein Besuch der Dôjô-Bar.

Nach Okinawa ist vor Okinawa. So läuft bereits auch für 2019 die Reise- und Turnierplanung. Neben einer weiteren Weltmeisterschaft gibt es den 70. Geburtstag von Tamayose Kaichô zu feiern, ein besonderes Jubiläum in Japan, und den 20. Jahrestag der Gründung des Verbandes „Ryûkyû Kobudô Tesshinkan Kyô Kai“.

Frank Pelny (Shihan, 6. DAN Karate-Dô Shôtôkan-Ryû, 5. DAN Ryûkyû Kobudô Tesshinkan, Shibu-Chô Europa)