Wir haben zugeschaut, mitgefiebert, Daumen gedrückt, mal gezittert und mal gejubelt; jedoch stets mit Stolz die Kämpfe unserer Karateka verfolgt. Die Sportart Karate feierte bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio ihre Premiere und eine umso größere Ehre war es, dort unseren Top-Athleten und Schüler-Landestrainer aus Thüringen kämpfen zu sehen. Weiterhin wurde Team Deutschland durch Jasmin Jüttner, Ilja Smorguner, Wael Shueb und Jonathan Horne vertreten.
Am 6. August betrat Noah Bitsch die Tatami des 1964 erbauten Nippon Budōkans. Nach Bekanntgabe der Auslosungen der Klasse -75kg standen die Konkurrenten der Vorrundengruppe B fest. Es stellte sich heraus, dass dies kein einfacher Einstieg in die Wettbewerbe werden würde, doch die ersten Videosequenzen des Livestreams stimmten hoffnungsvoll. Bei der eröffnenden Vorstellung der Athleten konnte man den Ehrgeiz, Kampfeswillen und die Vorfreude auf diesen historischen Moment in seinen Augen erkennen.
Direkt in Runde eins traf Noah auf den Aserbaidschaner Rafael Aghayev. Fokussiert bestritt der Thüringer diese Begegnung und ging mit 1:0 in Führung. Im weiteren Verlauf gelang Aghayev bis Schluss die 2:1 Übernahme, doch es wurde ersichtlich, dass sich Noah für seinen ,,Last Dance‘‘ in Topform befand.
Wie gern hätten wir uns vor Ort ,,die Seele aus dem Leib geschrien‘‘, um ihn bei seinem Olympischen Auftritt anzufeuern und zu motivieren. Leider blieb für jeden nur die Möglichkeit, dies vor dem eigenen Bildschirm zu realisieren.
Kampf Nummer zwei bestritt Noah gegen den flinken Kasachen Nurkanat Azhikanov. Nach anfänglicher 1:0 Führung ließ sich unser langjähriger Nationalkaderathlet auch nach einem gegnerischen Ippon nicht aus dem Konzept bringen. Mit einem Endstand von 3:3 und Senshu ging Noah als Sieger aus dieser Begegnung hervor.
Der Fight gegen Luigi Busa aus Italien war für uns aus Rolle der Zuschauer eine nervenaufreibende und spannende Angelegenheit. Nach einer Erstwertung für Busa gelang es Noah, mit zwei nacheinander erfolgten Yuko-Entscheidungen nach vorn zu rücken. Acht Sekunden vor Schluss zückte der italienische Coach die Karte für die Forderung nach Videobeweis, der anschließend stattgegeben wurde. Leider gelang Busa damit der 2:2 Ausgleich und verbunden mit Senshu somit auch der Sieg.
Dominant ging Noah seine letzte Vorrundenbegegnung gegen den Australier Tsuneari Yahiro an. Ihm gelang eine schnelle Punktwertung zu Beginn, gefolgt von einem kurzzeitigen Führungswechsel durch Yahiro (3:1). Der Waltershäuser wusste jedoch zu überzeugen und drehte diesen wieder zu seinen Gunsten in ein finales 8:3. Damit ließ sich ein weiterer Sieg für Deutschland niederschreiben.
Nach zwei Siegen und zwei denkbar knappen Niederlagen war das Weiterkommen in die Halbfinalrunde leider eigens nicht weiter möglich. Unglücklicherweise blieb ihm die weitere Möglichkeit, die sich durch den Ausgang der für ihn im Ranking entscheidenden Begegnung seiner Kontrahenten hätte ergeben können, ebenfalls verwehrt.
Dies stimmte alle mitfiebernden Personen zunächst traurig und aufgebracht – hätte man doch dem ambitionierten Waltershäuser, der über 20 Jahre mit dem Bundesadler auf der Brust das Nationalteam weltweit und immer wieder erfolgreich vertreten hat, die Chance auf eine Medaille mehr als gegönnt. Doch grundsätzlich überwiegen nun großer Stolz, Respekt und Freude über die Leistung, die Noah vor Ort in Tokio präsentierte.
Ein Thüringer Karatesportler belegt Platz 5 bei den Olympischen Spielen – was für ein herausragendes und vorerst einmaliges Ergebnis!
Nach seinem letzten Kampf gab Noah das Beenden seiner aktiven Sportlerkarriere bekannt. Damit verlässt ein großes Aushängeschild das internationale und deutsche Kampfgeschehen.
Lieber Noah,
wir sind unsagbar stolz darüber, dich als solch einen Ausnahmesportler in unseren Reihen zu haben. Sowohl während deiner Kämpfe in Tokio als auch in den vergangenen Jahren hast du immer wieder bewiesen, was einen engagierten und motivierten Athleten ausmacht. Du hast Deutschland in Verbindung mit unserer Sportart bei diesen Olympischen Spielen würdig vertreten und uns als Zuschauer mitreißen können. Trotz vorheriger Knieverletzung hast du bewiesen, zu Recht in diesem Turnier auf Weltklasseniveau mitzuwirken.
Dein Engagement und der Wille, stets die nächste Leistungsstufe auf der Leiter zu erklimmen, wird uns positiv bewundernd im Gedächtnis bleiben und den Karatenachwuchs unseres Landes weitgehend motivieren.
Wir sagen Danke für erfolgreiche und ereignisreiche Jahre mit dir als Erfolgsgarant und ziehen den Hut vor deinen Leistungen – Chapeau! Wir wünschen dir für deine Zukunft und neuen Aufgaben alles erdenklich Gute.
Julia Friedensohn
Pressekoordinatorin Thüringer Karateverband e.V.